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203: Non-Authoritative Information

warum das Leistungsschutzrecht immer noch eine schlechte Idee ist

CC-BY-NC-SA wildcard communications GmbH

Gestern ist das neue Leistungsschutzrecht für Presseverlage in Kraft getreten. Das auch als „Lex Keese“ oder „Lex Google“ bekannte Gesetz sollte den Verlagen und ihren Onlineablegern eine Vergütung sichern. Und zwar immer dann, wenn Textanrisse von News-Aggregatoren, allen voran Google News, verwendet werden.

Nun hat Google die Ansage gemacht, zum Stichtag des Inkrafttretens einfach die Seiten aller Verlage aus dem Index zu werfen, die nicht in die (weiterhin) kostenlose Nutzung durch den Konzern einwilligen. Mit Springer ist auch das letzte der großen Verlagshäuser kurz vor Tores Schluss noch eingeknickt und hat der Regelung zugestimmt.

Für Google und seine Nutzer ist die Welt also wieder in Ordnung. Warum ist das Leistungsschutzrecht dannn immer noch ein Problem?

Nun, das Gesetz weist weiterhin handwerkliche Schwächen (im Opitmalfall) bzw. absichtliche Unklarheiten (im worst case) auf. Weiterhin ist nicht geklärt, wie groß ein Textschnipsel sein muss, damit er unter das neue Recht fällt. Weiterhin ist nicht geklärt, wo das private Blog aufhört und wo die kommerzielle Nutzung beginnt. Und seien wir mal ehrlich – die bisherigen Urteile der Gerichte dieser Republik in ähnlich gelagerten Fällen gingen da Richtung „ab dem ersten Wort“ und „sobald regelmäßig was gepostet und/oder Werbung eingeblendet wird“.

Google ist jetzt also fein raus. Was bleibt, sind zwei Dinge: zum einen die Blogger, die immer noch Gefahr laufen, in Kürze der zweiten großen Abmahnmaschinerie gegenüberzustehen. Nach der Urheber- ist es jetzt halt die Leistungsschutzrechtsverletzung, für die zur Kasse gebeten wird. Zum anderen die kleinen Anbieter, die im Gegensatz zum Giganten Google nicht die Möglichkeit haben, mit ihrer marktbeherrschenden Stellung den Verlagen Sonderregelungen abzupressen. Erstes Opfer dieser Problematik ist Rivva, das 650 Webseiten und Blogs verschiedenster Verlagshäüser aus dem eigenen Angebot werfen musste, um sich nicht der Gefahr unkalkulierbarer Vergütungsforderungen auszusetzen.

Fassen wir also zusammen: am Leistungsschutzrecht für Presseverlage gewinnen die Verlage (Abmahngeschäft) und Google (sterbende Konkurrenz), es verlieren kleine Anbieter, Blogger und – wie immer – die Nutzer und die Meinungsfreiheit im Netz. Schade. Und alles nur, weil ein paar vom Fortschritt überholte und -forderte Unternehmen gerne für die Dienstleistung, ihre Produkte zu bewerben und Besucher auf ihre Webseiten zu lotsen, nicht nur nicht bezahlen, sondern sogar bezahlt werden wollen. Nicht nur wurde dieses erklärte Ziel nicht erreicht, nebenbei hat unsere Regierung auch mal wieder ein Gesetz verabschiedet, bei dem erst von Gerichten Normenklarheit hergestellt werden muss.

(Dieser Text enthält, im Gegensatz zu sonst, absichtlich keine Links. So sieht es dann halt aus, wenn man nicht mehr verlinken kann, ohne sich einem Abmahnrisiko auszusetzen.)

Es kam die Frage auf, warum Links denn problematisch sein sollen. Links enthalten gerne mal den Titel eines Artikels im URL. So wie bei mir: http://kaimi.cc/2013/08/02/warum-das-leistungsschutzrecht-immer-noch-eine-schlechte-idee-ist/ Kombiniert man das dann mit der nicht weiter definierten Länge eines Textschnipsels und der, nennen wir sie mal „kreativen“, Rechtsprechung z.B. eines Landgerichts in Hamburg – dann ist auch da nicht klar, ob das nicht schon unter das Leistungsschutzrecht fallen könnte. Schöne neue Welt, nicht?

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