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203: Non-Authoritative Information

Kommunalwahl, die Piraten und ich

In den letzten Wochen sind mehrere Piraten an mich herangetreten und haben mich gebeten, als Kandidat für die Kommunalwahl zur Verfügung zu stehen. Und zwar nicht nur als Direktkandidat, um in allen Wahlbezirken als Partei wählbar zu sein; das Thema gibt es ja schon seit Monaten. Sondern auch auf der Liste für die Bezirksvertretung und/oder den Rat.

Eigentlich interessant, daß ich mich damit überhaupt ernsthaft auseinandersetze und jetzt sogar meine Gedanken zu Speichermedium bringe. Denn im Grunde interessiert mich Kommunalpolitik nicht die Bohne. Und bisher habe ich mich daher auch nicht als Placeholder-Direktkandidat gemeldet. Entweder ganz, mit in-den-Rat-gewählt-werden-Wollen, oder gar nicht. Bleibt die Frage: warum denke ich jetzt doch darüber nach?

Ich denke, wir brauchen im Rat (wie in allen anderen Volksvertretungen auch) Menschen, die vor allem drei Eigenschaften haben. Zunächst einmal muss man mit ihnen arbeiten können; Information müssen frühzeitig(!) in beide Richtungen fließen, Arbeit muss delegiert werden, Zuverlässigkeit ist oberstes Gebot – kurz: man sollte ansatzweise teamfähig sein. Dann, verknüpft damit, sollte man die Grundwerte dieser Partei nicht nur kennen, sondern sie verkörpern und nach ihnen handeln; an erster Stelle durchaus die politische Transparenz. Zuletzt sollte man halbwegs präsentabel sein. Damit meine ich explizit nicht das Erscheinen im schwarzen Anzug, sondern grundlegende Dinge wie ein Mindestmaß an Eloquenz und die Fähigkeit, formgerechte, grammatikalisch und orthographisch korrekte Texte zu formulieren.

Bei den wenigen mir bisher bekannten Leuten, die kandidieren möchten, ist das durchwachsen. Teilweise kenne ich sie einfach nicht genug, um sie einschätzen zu können (siehe oben; das mit dem Kommunalkram), teilweise durfte ich mich selbst schon davon überzeugen lassen, daß es an der einen oder anderen Stelle hapert. Wenn man jetzt darüber nachdenkt, daß wir für 6 Jahre eine Liste wählen, auf der vermutlich ein nicht unbeträchtlicher Anteil der Leute in dieser Zeit wegzieht, hinwirft, aus der Partei austritt oder sonstwie nicht mehr zur Verfügung steht, brauchen wir auch dort jeden vernünftigen Menschen, den wir bekommen können.

Thematisch denke ich, daß ich als Kernthemenmensch™ durchaus auch auf kommunaler Ebene genug zu tun haben werde. Ich werde mich nie für die Zwischennutzung der Ulmer Höhe oder den Abriss des Tausendfüßlers interessieren. Genau deswegen sitzt in einer Fraktion ja auch nicht nur ein Mensch, sondern mehrere mit geregelter Arbeitsaufteilung und eigenen Zuständigkeiten. In den Themenfeldern Transparenz und Informationsfreiheit, Beteiligung, Datenschutz, Grundrechte und auch auf der Organisationsebene in Hinblick auf die Verwendung und die Verbesserung von IT-Foo des Rates (ich sag jetzt nur: Ratsinformationssystem) und die Arbeitsweise der Verwaltung wird es wohl genug zu tun geben. Das kann ich glaubwürdig vertreten.

Überhaupt bin ich immer auf der Suche nach Wegen, wie man mit den Möglichkeiten des Netzes und moderner Rechenpower Dinge verbessern, visualisieren, einfach anders gestalten kann, als „haben wir schon immer so gemacht“ reicht. Aktuell beispielsweise, wie man Verwaltungswerkzeuge, die eigentlich für Programmquellcode gedacht sind, auch auf andere Dokumente anwenden kann. Mit Satzung und Programm der Piratenpartei in Düsseldorf habe ich mal angefangen1. Ähnliches ginge natürlich auch für Reden, Anträge und andere Texte einer Ratsfraktion …

Zuletzt habe ich über die Landtagsfraktion bereits ein bisschen Erfahrung, wie der Ablauf in einem Parlament so läuft. Nebenbei durfte ich live einige Fallstricke beobachten, die bei Aufbau und Betrieb einer Fraktion lauern. Oh, und habe ich schon erwähnt, daß man für eine große Fraktionssitzung mit allen Ausschussvertretern eine vernünftige Versammlungsleitung braucht, wenn die nicht jedes mal zig Stunden dauern soll?

Irgendwie ist dieser Text jetzt doch deutlich länger geworden, als er eigentlich geplant war. Ich bin mir aber immer noch nicht im Klaren darüber, ob ich für die Liste zur Verfügung stehen will. Ich glaube, ich brauche noch mehr Input; worauf würde ich mich da überhaupt einlassen, was will die Basis™ hier überhaupt für Persönlichkeiten mit welchen Schwerpunkten aufstellen, und passe ich da rein? Auf jeden Fall ist bis zur Aufstellungsversammlung am 11.01. nicht mehr viel Zeit. Lasst uns darüber reden. Hier in den Kommentaren, per Mail über die Düsseldorfer Mailingliste oder auf dem Stammtisch. Diesen Freitag (20.12.) und am 03.01. werde ich wahrscheinlich dort sein. Vielleicht auch noch „auf den letzten Drücker“ am 10.01., bis dahin möchte ich meine Entscheidung aber eigentlich lieber längst getroffen haben. Oh, und falls Ihr selbst auch kandidieren möchtet: bitte tragt Euch in die Liste im Wiki ein. Da steht nämlich noch niemand drin.

Jetzt habe ich doch glatt das wichtigste Kriterium überhaupt bei Personenwahlen vergessen. Vielleicht, weil es nicht speziell zur Kommunalwahl gehört, sondern bei allen Personalentscheidungen gilt: die allerwichtigste Eigenschaft ist, nichts kaputtzumachen. Die Arbeit von einem Dutzend Menschen kann ein einziger zerstören. Dafür muss er nicht einmal direkt etwas gegen das Ergebnis tun, sondern kann auch einfach ein anderes kleines „Skandälchen“ hervorrufen. Das reicht meist, um den positiven Effekt der guten Arbeit zu überdecken und zunichte zu machen. Dummerweise tritt der Hang zu so etwas im Normalfall erst dann deutlich zu Tage, wenn er bereits etwas kaputtmachen kann. Nun ja, bei mir kann man wenigstens sicher sein, daß ich keine dämlichen Tweets absetze.

  1. Falls Dich das interessiert, kann ich z.B. auf dem Stammtisch gerne mal mehr dazu erzählen. Sobald sich das ein bisschen eingeschliffen und bewährt hat, schreibe ich auch nochmal eine richtige Dokumentation. Stay tuned :)

1 Comment

ohrgefluester – 2013-12-31 12:38

Hi ka’imi,
bin gerade zufällig* in deinem Blog gelandet.
Mich überzeugen deine Überlegungen.
Du selbst solltest Dich in die Wiki-Liste eintragen.
Außerdem ist es eine Win-Win-Situation:
Du verschonst die lokalen Piraten mit Satzungsfoo-Schlachten und "beglückst" stattdessen Rat und Stadt damit. Stay Tuned not!
Beste Grüße cs


*siehe Kommentar unter: http://blogs.faz.net/deus/2013/12/30/der-aufschrei-die-piraten-und-der-nazipranger-1886/

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